Der nachfolgende Text stellt die Charta der Grundlagen und Prinzipien der islamischen Ansichten und Standpunkte des Zentrums der Islamischen Kultur Frankfurt als eine religiöse, kulturelle und nicht-politische Gemeinschaft dar. Selbstredend ist dieses Zentrum als eine örtliche, gemäß den festgelegten Gesetzen Deutschlands tätige Gemeinschaft, von keiner Regierung bzw. keinem Land oder einer Staatsangehörigkeit abhängig und gibt selbständig und ausschließlich aufgrund der Auslegung seines wissenschaftlichen Rates von religiösen Quellen des Islams, auf der Basis einer rationalen und ausgeglichenen Lesart, die auf das Thaqlain-Verständnis (Verständnis vom Koran und der nachgewiesenen, von der Ahl-i Bait wiedergegebenen Vorgehensweise des Propheten) zurückgeht, wie folgt seine Standpunkte bekannt:
Aus unserer Sicht ist das einzigartige hohe Sein Gottes, des Gepriesenen, Ursprung aller Dinge. Er steht vom Wesen her jenseits jeder Benennung und jeglicher Beschreibung, während Er sich auf der Ebene der Manifestationen und des Handelns mit schönen Namen geoffenbart hat. Er ist rein von jeglichem Mangel oder Bedürfnis und weit entfernt von irgendeiner Ähnlichkeit mit den Attributen von Geschöpfen und der Verkörperung und Inkarnation in anderem. Er ist weder aus etwas hervorgegangen, noch hat er ein Kind. Vielmehr geht die Existenz aller Dinge auf Ihn zurück und ist von Seinem Sein abhängig.
Gott ist Ursprung jeder vorhandenen Vollkommenheit und besitzt in uneingeschränkter Weise jede als existent angenommene Perfektion, und der Segen Seiner Existenz, Barmherzigkeit und Vollkommenheit fließt von Ihm auf die anderen Wesen über. Er ist der Schöpfer, der trotz seiner Hoheit Seinen Geschöpfen näher steht als alles andere und gütiger zu ihnen ist als alle Geschöpfe. Er ist Allwissend und Weise. Sein Wille geht daher aus nichts anderem als Seinem endlosen Wissen und Seiner göttlichen Weisheit hervor. Er ist Gott, der jedem Inhaber einer Begabung und Fähigkeit auf dem Weg zu seiner Vollkommenheit beisteht, kein Werk nutzlos werden lässt und niemandem ein Unrecht antut. Er geht auf diese Weise vor, weil Barmherzigkeit und Liebe Attribute Seines Wesens bilden. Daher bedeutet Sein Zorn nichts anderes als ein In-Erscheinung-Treten der Folgen davon, dass der Mensch sich von der Barmherzigkeit des Herrn entfernt hat.
Die Barmherzigkeit, das Wissen und die Weisheit Gottes schließen von sich aus mit ein, dass Er – um dem Menschen den Weg zum Ewigen Glück zu zeigen – zusätzlich zu Verstand und Denken, welche ein leuchtendes Licht und der innere Botschafter des Menschen sind – fähige Personen als Überbringer Seiner Botschaft unter den Menschen auswählt und zu ihnen aussendet, damit diese für sie – im Lichte des offenbarten Wissens – einige Dimensionen des Seins enthüllen, die sich der menschlichen Wahrnehmung entziehen und außerhalb der Reichweite des menschlichen Verstandes liegen.
Sie sollen als Vorbilder für Wissen und Handeln die Menschen auf den Weg der wahren Menschlichkeit und der Gott-Dienstbarkeit rufen, ihnen zur Reinheit und Läuterung von Geist und Seele verhelfen und dem Menschengeschlecht den seligmachenden Weg zeigen. Unter der Menschheit gibt und gab es daher keine einzige Gruppe, ohne dass Gott , der Allmächtige, Auserwählte zu ihrer Rechtleitung und Wegweisung gesandt hätte.
Auch wenn nicht alle dieser Auserwählten, die von Gott, dem Allerhöchsten, mit einem solchen Auftrag geehrt wurden, auf derselben Stufe standen und ihr Aufgabenkreis nicht derselbe war, so haben sie dennoch sämtlich die Menschen zu einer hohen Angelegenheit herbeigerufen und sie davor gewarnt, einem anderen außer Gott zu dienen. Aufgrund der Heiligen Bücher ist der Mensch heute mit den Namen und Merkmalen einiger dieser Propheten vertraut, während er über viele von ihnen nichts weiß. Diese Kette der Auserwählten und Propheten Gottes beginnt bei der Aussendung des noblen Adam (a.s.) und schließt mit dem Letzten Propheten und Botschafter Gottes – Prophet Mohammad Ibn Abdullah (s.a.s.) – ab. Der Name von fünf Personen leuchtet in dieser Kette der Propheten Gottes als Namen der größten Seiner Botschafter besonders hell auf. Diese fünf großen Propheten sind: Prophet Nuh (a.s.), Prophet Ibrahim (a.s.), Prophet Musa (a.s.), Prophet Isa (a.s.) und der letzte von ihnen: Prophet Mohammad Ibn Abdullah (s.a.s.).
Die Propheten und Gesandten Gottes verstehen die Botschaft des Allmächtigen richtig, vollständig und fehlerfrei und leiten sie ebenso richtig und ohne etwas wegzulassen oder einen Irrtum zu begehen, an die Menschen weiter. Sie unterscheiden sich niemals hinsichtlich ihrer Kernbotschaft und dem Ziel ihrer Einladung zu Gott voneinander, haben einander gegenseitig bestätigt und frohe Kunde von dem Erscheinen des Propheten, der nach ihnen kommen würde, gegeben.
Gemäß unserem Glauben hat der Mensch eine ihm von Gott verliehene Seele, die immateriell ist, und es ist diese immaterielle Wahrheit, welche die Realität und Beständigkeit seiner menschlichen Identität sicherstellt. Genauso wie die Verbindung dieser Gott gegebenen Seele mit dem physischen Körper des Menschen für den Fortbestand seines materiellen und irdischen Lebens garantiert, führen hohe Eigenschaften wie der Glaube an Gott, den Höchsterhabenen, Wissen und Bewusstsein, moralische Tugenden, vernunftmäßige und menschenwürdige Entscheidungen und das Vollbringen von guten, lobenswerten Werken dazu, dass diese Gott gegebene Seele im Diesseits Stufen der Vervollkommnung und Höherentwicklung beschreitet. Umgekehrt verlässt der Mensch durch Abwendung von den genannten Dingen rückschreitend die Stufen der Entwicklung, wobei sein menschlicher und Gott gegebener Wert sinkt. Das Ereignis, welches den Abbruch der Verbindung zwischen dieser Gott gegebenen Seele und dem irdischen Leib des Menschen auslöst, nennen wir Tod.
Gemäß unserer Denkweise, bedeutet der Tod, auch wenn er die Seele vom Körper des Menschen trennt und der menschliche Leib zu dem Ausgangsmaterial seiner Entstehung, d.h. zu seinen natürlichen, materiellen Elementen zurückkehrt, niemals die Zersetzung und Vernichtung der Identität und Wahrheit eines Menschen.
Die Seele des Mensch wird nach seinem physischen Tod auf eine Ebene gebracht, die über dem hiesigen Dasein liegt und auf der er den Erscheinungen seines Herrn begegnet und niemals noch einmal einen Tod erleben wird.
Wir sind der Überzeugung, dass der Mensch durch den Tod nicht vernichtet wird, sondern genauso wie er zu Beginn der göttlichen Schöpfung Eintritt in das Reich der Existenz fand, auf dem Weg zu seiner Weiterentwicklung letztendlich zu Gott dem Höchsterhabenen zurückkehren wird. In der religiösen Terminologie und Literatur wird diese Rückkehr „Maad“ genannt. Der Mensch, der mit dem Kapital Leben, dem Schatz der Vernunft und dem rechtleitendem Licht der Offenbarung den Fuß in die Welt gesetzt hat, unternimmt unter Nutzung seiner Möglichkeiten Handlungen und verhält sich auf bestimmte Weise, und diese Taten bestimmen nicht nur über den Ausgang seiner weltlichen Angelegenheiten sondern hinterlassen auch Spuren in seinem Geist und seiner Seele und seiner inneren Wahrheit.
Im Leben strebt der Mensch manchmal die göttliche Gerechtigkeit und Wohltätigkeit an und manchmal bewegt er sich auf der geschlossenen Bahn des Unrechts und der Unterdrückung. Die Vernunft gebietet, dass diese beiden Alternativen niemals zu demselben Ausgang führen können. Zu den besonderen Merkmalen der Rückkehr zu Gott gehört, dass ein Mensch vor dem gerechten Gericht Gottes den wahren Resultaten seiner Handlungen begegnet und die Realität dieser Ergebnisse wahrnimmt, indem er entweder die Folgen göttlicher Gnade in den Paradiesgärten göttlichen Wohlgefallens genießen darf oder aber die Konsequenzen seiner Entfernung von Gott, dem Allerhöchsten, und die Pein der Entbehrung der göttlichen Barmherzigkeit in Form der Höllenstrafe erfährt.
Der Tag der Urteilsfällung vor dem Gericht des Allmächtigen, ist der Tag, an dem der äußerliche Schleier vor dem verborgenen inneren und dem sichtbaren Antlitz der Menschen fällt und die Menschen Gott, dem Höchsterhabenen, mit ihrem wahren Gesicht und dem Innern ihrer Seele vorgeführt und aufgrund der Tatsachen beurteilt werden. An diesem Tag wird niemandem auch nicht das geringste Unrecht geschehen.
Gemäß unserer Überzeugung sind das Diesseits und das Leben danach keine voneinander getrennten, zusammenhangslosen Dinge. Vielmehr bestimmt unsere Lebensweise im Diesseits über die Früchte, die wir im Reich des Jenseits ernten.
In Wirklichkeit begegnen wir in dem Reich nach dem Diesseits den wahren Folgen der von uns auf Erden begangenen Taten und der Lebensweise, nach der wir uns gerichtet haben. Je nützlicher und fruchtbarer das diesseitige Leben eines Muslims hinsichtlich Menschlichkeit, Religion und Moral gewesen ist, desto glücklicher wird auch sein Leben nach dieser Welt sein.
Daher darf nach unserer Meinung ein Muslim nicht – unter dem Vorwand, sich spiritueller Dinge zu widmen – das diesseitige Leben vernachlässigen und die notwendigen Dinge für ein angemessenes Leben außer Acht lassen oder auch mit der Ausrede, ein besseres materielles Lebensniveau anzustreben, seine immateriellen, religiösen und moralischen Angelegenheiten ignorieren oder als nebensächlich behandeln.
Ein Muslim muss auf die richtige Weise den Weg zu seinem Glück im Hier und im Danach gehen, indem er das Gleichgewicht zwischen seinen weltlichen und seinen religiösen Angelegenheiten bewahrt.
Wissen und Vertrautheit mit der Wahrheit beschränken sich nicht nur auf die Kenntnisse, die aus der Erfahrung resultieren, denn auch das Dasein ist nicht auf die Dinge, die wahrgenommen werden können, beschränkt. Das arabische „Wahi“ (für Offenbarung) bedeutet wörtlich soviel wie: jemand anderen rasch und im Verborgenen etwas lehren oder eingeben, während es im engeren Sinne für eine Art himmlisches Wort steht, das mit Hilfe der Sinnesorgane und rationalen Denkens nicht wahrnehmbar ist. Vielmehr ist es eine andere Art von Wahrnehmung, die manchmal – wenn Gott will – bei einigen auftritt, wobei diese Personen durch die Offenbarung und aus dem, was Gott sie lehrt, Anweisungen erhalten, welche für die Sinnesorgane und den Verstand im Verborgenen liegen.
Es gibt verschiedene Grade der Offenbarung. Offenbarungen beginnen bei der Eingabe einer Art Lenkung hinsichtlich der Art des Daseins, mit welcher alle Geschöpfe versehen werden, und reichen bis zu ihrer höchsten Art, nämlich die Offenbarung des Prophetenauftrages und der Aussendung, die nur die Propheten Gottes wahrnehmen können.
Das letzte von der Offenbarung bescherte Geschenk ist der Heilige Koran, welcher dem Herzen des größten Propheten (s) eingegeben wurde und nun als zusammengestelltes Buch der Menschheit zur Verfügung steht.
Gott, der Höchsterhabene, hat aufgrund Seiner Barmherzigkeit, Seines Wissens und Seiner Weisheit Propheten berufen, ihnen die Ehre erwiesen, Seine Botschaft zu empfangen und sie verpflichtet, diese den Menschen zu verkünden.
Gemäß unserer Überzeugung ist der Heilige Koran ein unangetasteter Text. Es ist das unmittelbare Wort Gottes, des Höchsterhabenen, welches mal direkt und mal über den Offenbarungsengel auf das Herz Prophet Mohammads (s.a.s.) herab gesandt und ohne absichtliche oder unbeabsichtigte und irrtümliche Veränderung von diesem den Menschen verkündet wurde. Dieses gesegnete Buch ist derselbe Koran, den heute alle Muslime in der Hand halten: ein Buch, das Gott, der Höchsterhabene, vor jeglicher Fälschung und Veränderung, Weglassung oder Hinzufügung durch andere geschützt hat und schützen wird.
Laut unserer Überzeugung ist der Heilige Koran als ein fester, ganzheitlicher Text die klare Beschreibung der verschiedenen Stufen der Daseinswahrheiten. Er wurde für den Menschen herab gesandt und spricht – ungeachtet der ethnischen Abstammung, Hautfarbe, Sprache oder des geografischen Lebensraumes, die „Fitra“ – die Gott gegebene einheitliche menschliche Natur -an. Der Koran heilt die Leiden der Seele und des menschlichen Geistes und klärt alle Fragen, auf deren Beantwortung der Mensch angewiesen ist, damit sein wahres menschliches Wesen rechtgeleitet und glücklich wird. Die Lehre des Korans ist ein Mittel zur Läuterung der menschlichen inneren Natur und ein Wegführer für sein religiöses, moralisches und menschliches Leben.
Dieses gesegnete Buch lädt die Menschen bis ans Ende der Welt zu Gott ein und ruft sie zu ihrer menschlichen Wahrheit auf. Der Verlauf der Zeit und örtliche Verlagerungen machen ihn nicht ungültig. Der Heilige Koran ist gleichzeitig die wichtigste und grundlegende Quelle der islamischen Lehre und diejenige Instanz, welche bei sämtlichen Ansichten, die möglicherweise im Namen des Islams vorgestellt werden, darüber entscheidet, ob sie richtig sind oder nicht.
Auch wenn der Heilige Koran ein festes Dokument ist und einen klaren Weg und unverschlüsselte Aussagen enthält, so wird dennoch durch dieses himmlische Buch selber, der größte Prophet, Prophet Mohammad (s.a.s.), als derjenige vorgestellt, der die tiefere Bedeutung und die detailliertere Lehre der Offenbarung darlegt, und es heißt, dass seine Befolgung dem Menschen auf die Stufe der Beliebtheit bei Gott, dem Höchsterhabenen, verhilft. Die Worte des größten Propheten (s.a.s.) und seine Vorgehensweise im Leben, welche unter dem Ausdruck „Sunna“ bekannt sind, stellen den zweiten Faktor dar, welcher neben den Lehren des Heiligen Korans den Menschen den Weg zu wahrem Glück und Wachstum vor Augen führt.
Im Laufe der Geschichte haben viele sich der Überlieferung der Prophetenworte und seiner Vorgehensweise gewidmet, und wie oft ist dabei absichtlich oder unabsichtlich ein Irrtum aufgebracht worden. Deshalb sind wir der Überzeugung, dass falls auf den wissenschaftlichen (von der islamischen Theologie diskutierten) Wegen die Echtheit und Zuverlässigkeit von etwas, das zur Sunna des Propheten Gottes gezählt wird, nachgewiesen wurde, diese mit Sicherheit authentische Vorgehensweise wie ein vertrauenswürdiges Dokument beachtet und befolgt werden muss.
Der Islam ist die letzte Religion, Prophet Mohammad ibn Abdullah (s.a.s.) der letzte Prophet und Gesandte Gottes und der Heilige Koran das letzte Geschenk der Offenbarung, und gemäß dem Willen Gottes wurde festgelegt, dass sie bis ans Ende der Welt der Erreichung von Wohl und ewigem Glück durch den Menschen dienen sollen.
Angesichts der vorab genannten grundlegenden Angelegenheiten und angesichts dessen, dass der Erhabene Prophet (s.a.s.) ein Mensch war und schließlich wie alle Menschen die Welt verlassen musste, wurde es zu seinen Lebzeiten notwendig, zu klären, wer in der islamischen Gesellschaft sein Nachfolger im Bereich Wissen und Religionspraxis sein sollte.
Diese Nachfolgeschaft, welche „Imamat“ genannt wird, ist für alle Aspekte der religiösen und gesellschaftlichen Angelegenheiten und ganz besonders als Beratungsinstanz in religionsrechtlichen Fragen von Bedeutung.
Gemäß unserer Überzeugung ist das Imamat eine von Gott verliehene Position, die laut den zuverlässigen Berichten über die Verfahrensweise des Erhabenen Propheten (s.a.s.) bereits in den ersten Tagen seiner Berufung und auch zu weiteren Zeitpunkten, insbesondere während seines letzten Hadsches und in Ghadir Chum, zusammen mit der Aufgabe der Rechtleitung und Darlegung der wahren islamischen Lehren folgenden Persönlichkeiten nach dem Propheten anvertraut wurde:
Imam Ali Ibn Abi Talib (a.s.), diese beispiellose Persönlichkeit der Islamischen Welt, und nach ihm nacheinander 11 der Nachkommen des Propheten Mohammad (s.a.s.) nämlich: Hasan ibn Ali Mudschtaba (a.s.), Husain ibn Ali, Fürst der Märtyrer (a.s.), Ali ibn Husain al-Sadschad (a.s.), Mohammad ibn Ali al-Baqir (a.s.), Dschafar ibn Mohammad al-Sadiq (a.s.), Musa ibn Dschafar al-Kazhim (a.s.), Ali ibn Musa al-Ridha (a.s.), Mohammad ibn Ali al-Dschawad (a.s.), Ali ibn Mohammad al-Hadi (a.s.), Hasan ibn Ali al-Askari und Hudschat ibn Hasan al-Mahdi (a.dsch.), wobei der zwölfte dieser Nachfolger des Propheten, Imam Mahdi (a.dsch.), dank des göttlichen Willens bis heute am Leben geblieben ist und entsprechend der göttlichen Weisheit in der Verborgenheit („gheibat“) zubringt, bis er sich– wenn Gott es will –zu erkennen gibt und unverkennbar den Auftrag der Wegweisung und Rechtleitung der Menschheit in Richtung endgültigen Glücks perfekt zu Ende führen wird.
Die Orientierung nach dem Wissen und Vorgehen dieser Linie von Imamen, die alle aus dem Haus des Propheten (s.a.s.) stammen und seine makellosen Nachkommen sind und von denen alle Muslime bezeugen, dass sie zu den gelehrtesten Menschen ihrer Zeit gehörten, ließ die Muslime, die der Ahl-i Bait folgten, ihre Religions- und Koranlehren in einem Geschichtsabschnitt von 250 Jahren über diese Reinen aus dem Hause des Propheten empfangen und hatte zur Folge, dass sie sich nicht inmitten der unterschiedlichen Rechtsurteile und gegensätzlichen und widersprüchlichen Meinungen anderer islamischer Denker trotz deren Ansehen in Bezug auf Wissen und Gottesfürchtigkeit, in Schwierigkeiten verwickelten.
In der Geschichte der Religionen waren es die Gelehrten und Theologen jeder Konfession, an die sich die Gläubigen und forschenden Geister unter ihnen mit ihren Fragen hinsichtlich Wissen, Moral und Religion wandten, und daher wurde diesen Persönlichkeiten Respekt entgegengebracht und sie wurden gewürdigt. Wie an der kontinuierlichen Verhaltensweise der Muslime innerhalb ihrer tausendvierhundertjährigen Existenz zu sehen ist, wurden auch von ihnen die Religionsgelehrten wegen ihres Rangs immer wertgeschätzt und betrachtete man die Ehrung und Würdigung der gelehrigen religiösen Kapazitäten als eine Ehrung der Religion selber.
Dass die Religionsgelehrten einen derartigen hohen Platz einnehmen, bedeutet nach unserer Ansicht nicht, dass sie keine Fehler oder Irrtümer begehen. Denn jeder Mensch, so gelehrig und rechtschaffen er auch sein mag, kann sich irren oder sich falsch verhalten. Dennoch ist die Schätzung des Ranges der Religionsgelehrten in sich das beste Mittel zur Verhinderung eines emotional geladenen, destruktiven Verhaltens, welches möglicherweise – unter dem Vorwand der Meinungsunterschiede – gegenüber einigen Religionsgelehrten an den Tag gelegt wird. Außerdem ermöglicht eine solche Wertschätzung den höflichen Dialog und respektvolle Kritiken auf wissenschaftlicher Ebene unter den Religionsgelehrten. Gemäß unserer Überzeugung müssen die hohen Vorbilder der Nachahmung für die schiitischen Muslime – unabhängig von deren geographischem Ort, ihrer Sprache, Ethnie, ihrer politischen Ansichten oder Meinungsunterschiede in Wissensfragen oder Tendenzen – als religiöse Gelehrten und Wegführer geachtet werden.
Gemäß unserer Überzeugung wird sich das Resultat dieser Einstellung darin zeigen , dass – durch Stärkung der gesamte Institution der wissenschaftlichen und religiösen Befragungsinstanzen der schiitischen Muslime – die soliden, ausgeglichenen und rationalen Gedanken der Religionsgelehrten und der großen Vorbilder der Nachahmung wie ein fester Schutzdeich gegenüber den Tendenzen zur konfessionellen Über- und Untertreibung wirken und das Gleichgewicht und die Rationalität im Gesamtbau der muslimischen Gemeinde steigern und stabilisieren werden.
Wörtlich bedeutet „Scharia“ Quelle, aus der mühelos Wasser getrunken werden kann. Die Gesamtheit aller Handlungskonzepte einer Religion wird daher auch „Scharia“ genannt, denn sie beschert denjenigen, die ihr Leben nach ihr ausrichten, wie bekömmliches, klares Wasser, Gesundheit und Reinheit.
Gemäß unserer Überzeugung stellt die Scharia die Summe von Konzepten dar, die von Gott, dem Allerhöchsten, in Gesetzessprache für verschiedene Bereiche der Beziehung des Menschen zu Ihm, zu sich selber und zu den anderen vorgelegt wurde. Diese Gebote wurden zum Teil als klarer Text, der keiner Interpretation bedarf, im Koran und zum Teil in Form von zuverlässigen Überlieferungen und der definitiv feststehenden Vorgehensweise des Erhabenen Propheten (s.a.s.) und der Imame aus seinem Hause vorgestellt, so dass sie zweifelsohne absolut gültig sind und dem Gebot Gottes zugeschrieben werden. Neben diesen zwei Kategorien von Rechtsregeln gibt es noch eine dritte. Das sind diejenigen Rechtsregeln, die mit vertrauenswürdigen wissenschaftlichen Methoden seitens Religionsgelehrter, welche die Bedingungen zum“Idschithad“ – der selbständigen Rechtsfindung – erfüllen, mit Hilfe des Heiligen Korans und der definitiv feststehenden Vorgehensweise (Sunna) des Propheten und der Imame aus seinem Hause oder aufgrund eines klaren Gebotes der Vernunft festgestellt oder abgeleitet wurden, so dass die Regeln in diesem Falle, dank des wissenschaftlichen Prozesses ihrer Feststellung oder Ableitung, wie jede andere wissenschaftliche Ableitung, bei gleichzeitiger Empfänglichkeit für Kritik und Änderungen, wissenschaftliche Gültigkeit und Rechtmäßigkeit für die Religionspraxis besitzen.
Gemäß unserer Denkweise dient die Scharia dazu, das gewöhnliche, alltägliche Verhalten des Menschen zu ordnen. Es gehört zu ihren Hauptzielen, dem Menschen dabei zu helfen, dass er die verschiedenen Bestandteile seines Lebens in Einklang miteinander bringt, und ihm seine Entscheidungen mit der Absicht, Seinem Herrn näher zu kommen, zu erleichtern. Die Bestimmungen der Scharia wurden daher nicht dazu erlassen, den Menschen in einen starren, engen Rahmen einzusperren, zwischen ihm und seinem normalen Leben zu trennen und ihm unnötige Entbehrungen aufzuerlegen.
Daher besitzt gemäß unserer Überzeugung die Scharia immer das Potential, unter Beachtung der zeitlichen und örtlichen Erfordernisse des Lebensraumes und der ständigen Veränderungen in Angelegenheiten des menschlichen Lebens, dank selbständiger Rechtsurteile befugter Gelehrter und prinzipieller und zugleich flexibler Interpretationen, das Religionsleben des Gläubigen auf dem Weg zu materiellem und immateriellem Wachstum zu fördern.
Trotz alledem muss eingestanden werden, dass – was sehr bedauerlich ist – einerseits einige im Laufe der Geschichte im Namen der Scharia und mit diesbezüglichen Parolen ihre eigenen starren, oberflächlichen und brutalen Ansichten vorzogen und unter dem Deckmantel, gemäß der Scharia zu handeln, ihr anormales, nicht zu rechtfertigendes Vorgehen praktizierten. Andererseits haben auch manche durch unsachliche und unwissenschaftliche Stellungnahmen und unter der Begründung, die Scharia den Angelegenheiten des heutigen Menschen anzupassen, das Lebensziel des Menschen von der Dienstbarkeit gegenüber Gott, dem Höchsterhabenen, in Richtung der Unterwerfung unter die materiellen Gelüste des Menschen verschoben.
Laut unserer Überzeugung, helfen das Moralleben und die Treue zu moralischen Tugenden dem Menschen auf dem Weg zu seinem Glück weiter und gilt dieser Erfolg schon als eines der wichtigsten Ziele der Religion. Daher kann auch die Scharia, welche der Menschheit den Weg zum Glück und zur Seligkeit zeigen will, die Moral nicht wie etwas Fremdes behandeln oder sie bei der Herausgabe von religiösen Bestimmungen ignorieren bzw. ein religionsrechtliches Gutachten (Fitwa) ausstellen, welches gegen die Moral verstößt.
Wir sind der Ansicht, dass die Praktizierung der Scharia den Menschen dann an ihr Ziel gelangen lässt, wenn sie von einem moralischen Leben begleitet wird. Wenn das nicht der Fall ist, wird die Fixierung auf die Scharia unter Ausschluss der Moral nichts anderes zur Folge haben als ein starres Festklammern an ihrem äußeren Wortlaut und dem Auftreten von extremem, nicht flexiblem Denken.
Wir meinen, dass die Regeln der Scharia die Grundlagen für das religiöse Leben festlegen und die moralischen Tugenden ein gläubiges Leben ermöglichen. Es ist so ähnlich wie mit einem Haus: Die Scharia ist das Gerüst für ein Haus der Religiosität und die Moral ist alles, was dieses Haus bewohnbar macht und zu einem friedlichen und sicheren Ort werden lässt.
Gemäß unserer Denkweise muss sich also ein Mensch, der gemäß der Scharia leben möchte, an die moralischen Tugenden halten.
Zweifelsohne begegnen die Menschen im Gefolge der Entscheidungen, die sie in ihrem Leben treffen, unterschiedlichen Resultaten, und besteht zwischen diesen Resultaten und jenen Entscheidungen ein logischer Zusammenhang. Die Entscheidung, sein Leben entsprechend der menschlichen Tugenden oder der religiösen Lehren zu gestalten, wird schließlich zu einem Ergebnis führen, das anders aussieht als jenes, mit dem die Entscheidung, ohne Beachtung dieser beiden Größen zu leben, endet.
Unsere Überzeugung lautet, dass der Mensch nicht nur in dieser Welt, sondern auch in der anderen, dem Widerhall und dem Produkt seiner Entscheidungen begegnen wird. Diese Wahrheit kommt auf eine andere Art auch in der Sprechweise und der Literatur der Religionen unter dem Begriff „Lohn oder Strafe“ zum Ausdruck.
Außerdem vervielfacht Gott, der Höchsterhabene, aufgrund Seiner Barmherzigkeit und Gnade die Ergebnisse der guten Taten und Entscheidungen der Menschen um ein Mehrfaches und wird ihnen viel mehr als das, was sie auf natürliche Weise erreicht haben, bescheren, was Belohnung genannt wird, und Er hat aufgrund Seiner Eigenschaft, gerecht zu sein, gewollt, dass wenn ein Mensch trotz Kenntnis von dem Resultat seines Handelns eine ungebührliche Entscheidung trifft, nur dem natürlichen Ergebnis dieser Wahl begegnet, was Bestrafung genannt wird.
Folglich geht das, was als Belohnung gilt, aus der göttlichen Barmherzigkeit und Gnade hervor und ist Ihm zuzuschreiben, während das, was Bestrafung genannt wird, das natürliche Ergebnis der bewussten Entscheidung des Menschen ist, und er diesem Ergebnis aufgrund der Gerechtigkeit Gottes begegnet. Somit kann die Konfrontation mit der Strafe nicht direkt Gott, dem Höchsterhabenen, zugeschrieben werden und darf man sich nicht vorstellen, Gott würde wie ein Mensch, aus Zorn über etwas, was ihm missfällt, einen anderen bestrafen. Vielmehr ist die Bestrafung in Wirklichkeit das Ergebnis des Handelns des Menschen und die Folge seiner Abwendung von der Barmherzigkeit Gottes.
Gemäß unserer Überzeugung geht der Glaube an das Gebot der Religion aus Wissen und Erkenntnis hervor und ist eine Art innere Überzeugung. Man kann eindeutig feststellen, dass es nicht möglich ist, ein Thema (auch wenn es vollkommen richtig und wahrheitsgemäß ist) bei vorhandenem Widerwillen oder durch Zwang in eine Überzeugung oder einen verinnerlichten Glauben zu verwandeln.
Wir sind der Meinung, dass das Gebot der Religion dann einen Platz im Herzen eines Menschen findet, wenn vorher sein Verstand und sein Denken davon überzeugt worden ist und dieses Gebot aus völlig freien Stücken bestätigt. Dann wird diese freie, von der Vernunft des Menschen bestätigte Überzeugung Einlass in sein Herz finden, in ihm aufgehen und zu Glauben und Gewissheit werden. Ein solcher Glauben wird auf natürliche Weise den Gläubigen dazu anregen, gläubig zu leben.
Deshalb ist gemäß unserer Überzeugung jeder Zwang, der angewendet wird, um den Menschen einen Glauben einzuflößen, nicht nur eine falsche und vergebliche Anstrengung, sondern wird in kurzer Zeit oder auf lange Sicht im Menschen Abscheu gegen Glauben und das Gebot der Religion hervorrufen.
Gemäß unserem Glauben ist Iblis nach einer Zeit, in der er dank seines Gott-Gehorsams Stufen der Nähe zu Gott erreicht hatte, wegen Nichtbefolgung der Anweisung Gottes, des Höchsterhabenen, hinsichtlich der Niederwerfung vor Ihm anlässlich der Erschaffung des Adam (a.s.), von seinem Platz verbannt worden. Wegen seiner Überheblichkeit gegenüber Adam weigerte sich Iblis Gottes Befehl zu gehorchen. Er schob dem Menschen die Schuld an seinem Absturz zu und schwor, ihn mit seinen Versuchungen auf dem Weg zum Glück und bei der Erreichung der Stufe der Statthalterschaft Gottes zu behindern.
Um diese Vorhaben zu verwirklichen ruft Satan zu Beginn im Menschen Bedenken und Zweifel an seinem Glauben hervor, schürt in ihm Desinteresse an dem Gott-Eingedenksein und stiehlt ihm das Vertrauen in Gott und die Hoffnung auf die Erfüllung der göttlichen Verheißungen. Er macht dem Menschen Angst vor der Armut und lädt ihn zu hässlichen, schmutzigen Taten ein. Außerdem spornt er den Menschen zur Heuchelei an, streut die Saat von Feindseligkeit und Hass in die Herzen und entfacht zwischen den Menschen Streit und Krieg.
Gemäß unserer Denkweise ruft Satan die Menschen Schritt für Schritt und in aufeinander folgenden Phasen zu seinen üblen Zielen herbei und er drängt den Menschen mit gewachsener Zuversicht zum zweiten Schritt, wenn dieser erst einmal den ersten getan hat. Mit den Versuchungen, die er im Herzen und im Geist des Menschen hervorruft, lässt er das Feuer des Egoismus in ihm auflodern und lässt Schlechtes und Hässliches in seinen Augen verlockend und schön erscheinen. Ganz allgemein ist überall deutlich die Fährte Satans zu sehen, wo Liebe und Mitgefühl von Wut und Hass verdrängt werden und die Erinnerung an Gott, den Höchsterhabenen, vergessen wird und wo Unterdrückung, Krieg und Feindschaft anstelle von Friede und Freundschaft treten. Gemäß unserer Überzeugung gibt es nur einen Weg, um sich vor den Einflüsterungen und den Fallen des Iblis und derer, die sich gegenseitig bei seiner Befolgung unterstützen, in Sicherheit zu bringen, und zwar durch Wachsamkeit und verstärktes Gedenken Gottes und Seiner Namen im Herzen des Menschen und durch den Widerstand gegenüber dem imaginäre Vorstellungen oder Angst hervorrufenden Raunen Satans mithilfe der fortgesetzten Verbindung zu Gott und der Durchführung rechtschaffener menschlicher Taten, die Gottes Zufriedenheit finden. Man muss sich immer vor Augen halten, dass die List des Iblis, so fürchterlich und streng sie auch immer sein mag, im Vergleich zu der Macht des Glaubens an den Einen Mächtigen und Höchsterhabenen Gott, der Zuflucht bei Ihm und Seinem Rückhalt äußerst brüchig und geringfügig ist.
Nach unserer Ansicht muss ein Muslim, der den Thaqlain folgt, generelle, wichtige Eigenschaften besitzen. Einige der wichtigsten davon sind: ständige Zuwendung zu Gott, dem Höchsterhabenen, bei allen Zuständen, Selbstbeherrschung und Gottesfürchtigkeit, Treue zur Durchführung der religiösen Gebote und der islamischen Pflichten, die Erfüllung der Pflicht, das zu unterlassen, was nicht richtig ist und was Gott der Höchsterhabene verboten hat, ein freundliches und gütiges Verhalten zu den Eltern, liebevolle Fürsorge für die Kinder, freundliches Verhalten zu anderen, sich gut auszudrücken und niemanden beleidigend anzusprechen oder zu beschimpfen, Versprechen und Vereinbarungen einzuhalten, die Rechte der anderer zu beachten, sich vor jeglichem Unrecht und der Verletzung der Rechte anderer Lebewesen, sowohl Menschen als auch Pflanzen und Tiere, zu hüten, andere nicht zu überlisten und zu betrügen, aufrichtig zu sein und sich von Lüge und Heuchelei zu enthalten, den Bedürftigen Hilfe zu leisten, aufgrund gegenseitigen Respektes mit den anderen Menschen zusammenzuleben, die Rechte der Nachbarn zu beachten und ihnen gegenüber Nachsicht zu üben usw.
Nach unserer Auffassung besteht das wichtigste Merkmal eines Muslims allen anderen Besonderheiten voran darin, dass sich die Menschen und die anderen Lebewesen, also selbst die Tiere und Pflanzen, vor ihm sicher fühlen und wissen, dass sie von ihm weder bedroht noch misshandelt werden.
Was wir eben sagten, ist nur eine kleine Liste mit den wichtigsten generellen Eigenschaften eines Muslims, insbesondere eines Muslims, der ein Anhänger der Schule der „Thaqlain“ (des Korans und der Ahl-i-Bait) ist. Um noch mehr Merkmale zu beleuchten, bedarf es einer größeren Gelegenheit als diese Charta bietet.
In unseren Augen bilden die Muslime dank ihrer Überzeugung von den wichtigsten Grundsätzen des Islams eine Gemeinde und sind einander Brüder und Schwestern im Glauben.
Auch wenn zwischen den verschiedenen islamischen Gruppen und Rechtsschulen in einzelnen Fragen der scholastischen Theologie („Kalam“) und der Jurisprudenz („Fiqh“) wissenschaftliche Unterschiede und geringfügige Unterschiede in der Praktizierung des Glaubens existieren, so sind ihre Gemeinsamkeiten und ihre Einmütigkeit und ihr Konsens hinsichtlich der Anbetung des Einen Gottes und ihres Glaubens an den Propheten, das Himmelsbuch und dieselbe Gebetsrichtung dermaßen bedeutend und stark, dass die Unterschiede unter dieser einheitlichen Gemeinde und den Glaubensgeschwistern keine Feindschaft und Feindseligkeiten und schlechte Behandlung auslösen können bzw. auslösen dürfen.
Die Sunniten und die Schiiten gelten, trotz der Vielzahl von Gruppen unter ihnen, als Mitglied ein- und derselben Glaubensfamilie. Genauso wie die Existenz unterschiedlichen Denkens in einer Familie ein Zeichen für die Größe und das erreichte Wachstum ihrer Mitglieder ist und niemals zu einer Feindschaft zwischen ihnen führt, können auch die Meinungsunterschiede zwischen den schiitischen und sunnitischen Glaubensgeschwistern die Voraussetzung für brüderliche und gelehrige Gespräche und für die Weiterentfaltung ihres religiösen Wissens und Glaubens sowie für den fruchtbaren Austausch während des auf Gott, den Höchsterhabenen, ausgerichtete Handelns sein.
Deshalb verstößt es gemäß unserer Überzeugung gegen die Lehren des Korans und die definitive Sunna des Propheten, wenn Heiligkeiten der islamischen Rechtsschulen geschmäht werden oder eine Gruppe von Muslimen oder eine Sekte – unter welchem Titel und welcher Parole auch immer – eine andere Gruppe von Muslimen für Nicht-Gläubige erklärt und exkommuniziert („Takfir“) und dem islamischen Zusammenhalt schadet sowie unter den anderen Menschen Misstrauen gegenüber dem Islam und dem Heiligen Koran und Misstrauen gegenüber dem Gesandten Allahs (s.a.s.) auslösen, was daher abzulehnen ist.
Gemäß unserer Überzeugung darf sich ein Muslim nicht unter dem Vorwand der Religion und religiöser Werke isolieren und in einer Welt, getrennt von der Welt der Menschen in seiner Zeit, leben. Die Isolierung von den Menschen und der Verzicht auf ein normales, ausgewogenes Leben hat nichts mit den islamischen Lehren zu tun.
Gemäß unserer Ansicht muss sich ein Muslim in jeder Gesellschaft, in der er lebt, als deren Mitglied verstehen und darum bemüht sein, durch seine menschliche, moralische und religiöse Gegenwart dieser Gesellschaft etwas zu nützen und seiner Aufgabe als ihr Mitglied auf die richtige Weise nachzukommen.
Wir sind der Überzeugung, dass ein Muslim bestrebt sein soll, seinen Wissensstand und sein fachmännisches und kulturelles Niveau so weit wie möglich zu steigern, und dass er das Ergebnis seiner wissenschaftlichen Fähigkeiten in den Dienst der Menschen stellen soll. Zugleich soll er sich als ein muslimischer Bürger – unter Wahrung der religiösen Identität und des moralischen und menschlichen Lebens – zusammen mit den anderen Mitgliedern der Gesellschaft an gesunden sozialen Aktivitäten, welche die Weiterentwicklung fördern, beteiligen.
Gemäß islamischen Denkens trägt jeder Muslim sowohl im privaten als auch im gesellschaftlichen Bereich eine Verantwortung für die Verbreitung des Guten und die Abnahme des Schlechten.
Da die Menschen von Natur aus dem zugeneigt sind, was sie als gut betrachten, und sich von dem fernhalten, was in ihren Augen hässlich und schlecht ist, hat ein Muslim als erstes die Pflicht, in Bezug auf sich selber um die Verwirklichung des Guten in seiner Seele und ihre Distanzierung vom Schlechten bemüht zu sein. Ein Muslim ist verpflichtet, im privaten und gesellschaftlichen Bereich auf eine Weise gemäß den religiösen Lehren zu leben, dass die anderen, bei Betrachtung dessen was er sagt und seinem Verhalten, Zeichen des Guten in seiner Lebensführung wahrnehmen und ebenso in dem Leben, das er praktiziert, seine Enthaltsamkeit von Hässlichem und von Unaufrichtigkeit erkennen können. Ein solches Verhalten lädt auf natürliche Weise positiv denkende Menschen zur Verwirklichung des Guten und zur Distanzierung vom Schlechten ein und bringt den Einzelnen und die Gesellschaft auf dem Weg zur Verbreitung des Guten und zur Verminderung des Schlechten weiter.
Laut unserer Überzeugung bedarf der Mensch über seine verschiedenen materiellen Bedürfnisse hinaus der Spiritualität, um in seinem Leben ein tieferes Gefühl von Wohl und Glück empfinden zu können. Spiritualität ist gemäß unserer Denkweise das Verspüren einer immateriellen Wahrheit, die dem menschlichen Leben einen höheren Sinn als das rein physische Leben spendet und es aus der Alltäglichkeit und der Fixierung auf kleine materielle Ziele befreit.
Wir sind davon überzeugt, dass die gottesdienstlichen Handlungen die höchsten Stufen der immateriellen Empfindungen in sich bergen. Im Rahmen unserer Denkweise wird unter dem Gott-Dienen der bewusste und freie Entschluss des Menschen verstanden, die Gebote Gottes, des Allerhöchsten, durchzuführen und die tiefe innere Beziehung zum Ursprung des Seins zu stärken. Mit einem solchen Gott-Dienen reiht der Mensch sich zu allen Geschöpfen der Welt und wird er aus den Ketten der Egozentrik und des Egoismus befreit. Im Lichte der Anbetung des Ursprungs allen Daseins erkennt der Mensch sein Selbst und nimmt mit der endlosen göttlichen Wahrheit eine enge Verbindung auf. Ein solches Gott-Dienen steigert den Geist der Spiritualität im Menschen und seine Kapazität für Freundlichkeit und Nachsicht sowie seine Fähigkeit, zu verzeihen.
Die Religion ist jener klare Weg, welcher den Menschen zu Gott dem Allerhöchsten und zu seinem Glück hinführt. Wir sind der Überzeugung, dass der Eine Gott keine Religionen herab gesandt hat, die voneinander verschieden und einander fremd sind, vielmehr hat er die Menschen eine einzige Religion gelehrt. Die Kernwahrheit und der Grundinhalt dieser einzigen Religion lautet, dass der Mensch niemandem außer Gott, dem Allerhöchsten, dienen soll und sich keiner Macht außer seinem Schöpfer ergeben darf und auf diese Weise, befreit aus der Versklavung gegenüber dem eigenen Ego und anderen, aus freien Stücken und aufgrund von Wissen und Bewusstsein den Weg zu seinem Glück beschreitet. Daher ist die eine Religion, welche alle Propheten – von Adam (a.s.), Nuh (a.s.), Ibrahim (a.s.) bis zu Musa (a.s.) und Isa (a.s.) und Mohammad (s.a.s.) – in verschiedenen Abschnitten der Geschichte, auf verschiedene Weise formuliert, den Menschen überbracht haben, nichts anderes als „Gottergebenheit“. Denn kein Prophet hat die Menschen zu etwas anderem aufgerufen als Gott zu dienen und sich Ihm zu unterwerfen.
Aus diesem Grund sind wir davon überzeugt, dass es nur eine Wahrheit namens Religion gibt und die abrahamitischen Religionen, die heute unter der Bezeichnung Juden, Christen und Muslime bekannt sind, aus ein und derselben Quelle und Wahrheit hervorgehen und eine jede die Fortsetzung der Religion vor ihr ist. Die vorhandene Vielzahl der Konfessionen hat nichts mit der wahren Essenz der Religionen zu tun, sondern rührt von einigen wissenschaftlichen Auslegungen, praktizierten Äußerlichkeiten und religiös-mystischen Bewegungen her.
Wir sind der Überzeugung, dass sich die Gelehrten und Gläubigen der Gottesreligionen, gestützt auf den gemeinsamen Glauben an die Einheit Gottes und das Glaubensprinzip der Aussendung von Propheten und unter Hervorhebung der Essenz dieser einen Wahrheit, wie die Finger an einer Hand, Seite an Seite in den Dienst des Menschen stellen und danach streben sollen, durch Austausch und Verständigung die Welt in einen besseren Ort zu verwandeln, damit die Moral wächst, die Menschlichkeit sich weiterentfaltet und ein Zusammenleben in Sicherheit und Frieden erreicht werden kann.
Wir sind der Meinung, dass Wissen und Religion niemals miteinander im Streit liegen, denn zuverlässiges Wissen ist als die Frucht der Erfahrung und des Verstandes, welcher der Prophet im Inneren des Menschen ist, zu betrachten, während die Lehre der Religion die Frucht der Himmelsbotschaft ist, die von den Propheten Gottes, und damit dem „externen Verstand“ des Menschen, verkündet wurde. Daher kann es nicht sein, dass das, was diese beiden Propheten, nämlich der eigene innere und der externe Verstand des Menschen, überbracht haben, in ihrer Endphase im Widerspruch zueinander stehen.
Natürlich kann in einigen Abschnitten der Geschichte die menschliche Wissenschaft, welche sich ja ständig auf dem Weg der Entwicklung befindet, scheinbar in einen Widerspruch zu den Lehren der Religion gerät, aber die falsche Vorstellung von einer Nicht-Übereinstimmung zwischen Wissenschaft und Religion wird zweifelsohne umso mehr verblassen je mehr die Wissenschaft sich weiterentwickelt.
Ein Blick in die Geschichte der Menschheit liefert den Beweis für die Tatsache, dass die Menschen in jedem Abschnitt ihrer langen Existenz mit Hilfe der Erprobung von verschiedenen Systemen und der Bildung von unterschiedlichen sozialen Strukturen versucht haben, einen höheren Grad von individuellem und gesellschaftlichem Glück zu erreichen. Ziel dieser kontinuierlichen Anstrengungen auf dem langen Weg menschlichen Lebens war nichts anderes als die Erreichung des Ideals einer glücklichen menschlichen Gesellschaft.
Wenden wir uns außerdem der Geschichte der Religionen zu, lässt sich feststellen, dass sie alle den Menschen frohe Kunde davon gegeben haben, dass einmal bessere Zeiten kommen und sie dann die Atmosphäre einer idealen Gesellschaft, welche durch einen verheißenen Retter errichtet werden wird, einatmen werden.
Gemäß unserer Überzeugung ist dieses natürliche Verlangen, welches in den kontinuierlichen Bemühungen des Menschen und der frohen Kunde der Religion deutlich zu Tage tritt, etwas, was tatsächlich in Erfüllung gehen wird. Denn ein solch tiefer und weitreichender Glaube kann nicht aus einer Hoffnung, die reine Phantasie ist, oder aus einem naiven Wunsch hervorgehen. Der die Geschichte durchziehende Glaube an die Existenz eines Retters und den Tag der Rettung und der Verwirklichung der idealen menschlichen Gesellschaft ist uns seitens des islamischen Denkens unter dem Begriff „Mahdawiyya“ – Glauben an Imam Mahdi (a.dsch.) – vertraut. Gemäß unserer Überzeugung spielen die Menschen effektiv eine Rolle bei der Entstehung und Verwirklichung dieser Verheißung der Religion und in der Natur des Menschen verborgenen Überzeugung. Die wertvolle Aufgabe, welche die Menschen für die Realisierung des Ideals der „Mahdawiyya“ übernehmen, besteht genau darin, dass sie sich anstrengen, das Niveau der Moral und des Glaubens der Menschen anzuheben, sich für die Verbesserung des Wissens in allen Bereichen einsetzen und unablässig um die Herstellung einer menschlichen Gesellschaft mit einem höheren Grad an Gerechtigkeit bemüht sind.
Gemäß unserer Überzeugung wird dann, wenn die Menschheit einen solchen Grad an sozialer Reife erreicht hat, dass sie aufrichtig die Herstellung von Gerechtigkeit ohne jegliche Benachteiligung auf allen Ebenen und für alle Lebewesen auf der Welt wünscht, der verheißene Moment eintritt und der endgültige Retter der Menschheit den gereiften, nach Gerechtigkeit dürstenden Menschen auf die höchsten Stufen der Menschlichkeit emporhelfen und sie in den hohen Genuss einer Gerechtigkeit ohne jegliche Benachteiligung kommen lassen wird.
Gemäß den islamischen Quellen der Thaqlain-Denkschule, ist der Weltenretter, der Mahdi genannt wird, der zwölfte Nachkomme Mohammad ibn Abdullahs (s.a.s.), des Letzen Propheten Gottes, und wenn die Voraussetzung für sein Erscheinen geschaffen wurde, wird er mit Erlaubnis Gottes, des Allerhöchsten, den ewigen Wunsch des Menschen auf der Erde verwirklichen, während Isa Masih (Jesus Christus – a.s.) an seiner Seite sein wird.
Wir denken, dass der Mensch kein Lebewesen ist, das einfach in die Daseinswelt geschleudert wurde, sondern vielmehr von Gott, dem Allerhöchsten, dank Seiner Macht und Seines Willens erschaffen wurde und dass Er ihn würdigte, indem Er ihm den Verstand und die Fähigkeit zur Nutzung der materiellen und immateriellen Gaben der Welt verlieh, Propheten ausschickte und Himmelsbücher herab sandte, damit er seinen Herrn auf der Erde vertreten kann. Daher besitzt der Mensch, unabhängig von seiner Ethnie und Sprache und anderen Merkmalen ein unversehrtes, gottgläubiges Grundwesen und wenn er sich an dieses wendet, wird er in seinem Herzen sofort die Gegenwart Gottes, des Höchsterhabenen, in Form einer Hoffnung spendenden immateriellen Wahrheit, welche über die normalen materiellen Gesetze bestimmen und sie verändern kann, verspüren. Diese bewusste natürliche Wahrnehmung ist genau jene Eigenschaft, die den Menschen von den Nicht-Menschen unterscheidet und ihm die Würde für die Statthalterschaft Gottes, des Höchsterhabenen, verleiht.
Gemäß unserer Denkweise hat Gott, der Höchsterhabene, den Menschen im Vergleich zu zahlreichen Geschöpfen höhergestellt und seine wesensbedingte Würde unterstrichen.
Gemäß unserer Überzeugung ist die wesensbedingte Würde des Menschen, welche ethnische Herkunft, Hautfarbe, Sprache oder geografische Heimat er auch immer besitzt, eine Wahrheit, die untrennbar zu seiner Identität gehört. Sie ist immer zu achten und nichts kann akzeptieren werden, was seinen menschlichen Wert vermindert und seiner Würde schadet.
Gemäß unserer Überzeugung sind die Menschen, genauso wie sie hinsichtlich Ursprung und Essenz ihrer Schöpfung einander gleich sind, auch im Sozialleben wie die verschiedenen Glieder eines gemeinsamen Körpers. Ähnlich wie wenn sich das Wohlsein bzw. die Erkrankung eines Bestandteiles des menschlichen Körpers unmittelbar auf seinen gesamten Körper auswirken, wird auch die Qualität und die Art der gegenseitigen Beziehungen in der menschlichen Gesellschaft einen Einfluss auf die gesamte internationale Lebensgemeinschaft der Menschen ausüben.
Wir sind daher der Ansicht, dass die Menschen für die Herstellung einer besseren Welt einander gütig und freundschaftlich begegnen müssen und sich gegenseitig unter Achtung der menschlichen Essenz, die sie miteinander teilen, schätzen und sich vor jeglichem Unrecht unter dem Vorwand der vorhandenen Unterschiede zwischen den Menschen hüten sollten. Sie sollten Gerechtigkeit, Sicherheit und Frieden für alle Menschen anerkennen, so wie sie in Bezug auf sich selber wünschen, in einer gerechten, sicheren und ruhigen Umgebung zu leben.
Gemäß unserer Überzeugung müssen sich die Menschen dafür einsetzen, Leid und Not der Menschheit zu mindern und bessere Bedingungen dafür herzustellen, dass alle in den Genuss eines glücklichen Lebens im Diesseits und Jenseits gelangen.
Gott der Höchsterhabene, hat die Grundlagen für die Erkenntnis vom Guten und der Glückseligkeit sowie vom Schlechten und der Unglückseligkeit in die „Fitra“ – die Ur-Natur des Menschen hineingelegt, Propheten ausgesandt und Himmelsbücher offenbart. Aber wir sind der Auffassung, dass es dennoch nie Gottes Wille war, dass die Menschen aufgrund von Gewaltanwendung oder Zwang den rechten, wahren Weg gehen. Vielmehr hat Er es eindeutig der freien Entscheidung des Menschen überlassen, entweder den Weg des Glaubens an den Einen Gott und ein gläubiges Leben oder die Befolgung anderer Wege zu wählen. Zweifelsohne ist es dem Menschen nicht möglich, eine Entscheidung in einer Umgebung zu treffen, in der keine auf Wissen und Erkenntnis basierende Freiheit existiert. Folglich setzt die freie Wahl voraus, dass der Mensch von jedem Zwang hervorrufenden Faktor, ob in ihm selbst oder außerhalb von ihm, frei ist, und dies erfordert auch die Wahrung seiner menschlichen Identität und Würde. Denn Gott wollte, dass die Eigenschaft, bewusst und frei wählen zu können, in dem Maße Teil der menschlichen Identität ist, dass wenn der Mensch ihrer beraubt wird, grundsätzlich gegen den Willen Gottes verstoßen wurde.
In unseren Augen sind die Freiheit und bewusste Wahl nicht nur ein Recht des Menschen, sondern gehören zu seiner Identität, die stets und in allen Angelegenheiten des menschlichen Lebens beachtet und geschätzt werden muss. Diese Freiheit ist solange uneingeschränkt, wie sie die Freiheit anderer nicht verhindert und keine Bedrohung für die Erkenntnis und freie Wahl eines anderen darstellt.
Gemäß unserer Denkweise beginnt die Bewegung zur Vervollkommnung des Menschen bei seinen ersten inneren Wahrnehmungen von moralischen Werten. Werte wie die Beliebtheit der Gerechtigkeit und die Ablehnung des Unrechts, welche unabhängig von der geografischen Umgebung, den kulturellen Bedingungen und den religiösen Überzeugungen und weiteren Dingen als Grundsatzwerte von den verschiedenen menschlichen Gesellschaften in Gestalt einer gemeinsamen Überzeugung anerkannt und respektiert werden, sind menschliche Werte, deren Einhaltung ein Garant für die moralische und psychische Gesundheit der Gesellschaft sein wird.
Gemäß unserer Überzeugung widersprechen die Lehren der Propheten Gottes niemals den Grundsätzen wahrer menschlicher Werte, sondern die Treue zu den menschlichen Werten ist sogar die beste Grundlage für den Aufstieg und die Verbreitung der religiösen Werte, welche von den Propheten Gottes den Menschen verkündet wurden. Mit anderen Worten werden Menschen, die sich vor der Annahme der Religion an die menschlichen Werte gehalten und sie ihn ihrem Leben praktiziert haben, nach dem Bekenntnis zu den Propheten Gottes eine Spiritualität und eine Moral und Menschlichkeit besitzen, die weiterentwickelt ist.
Gemäß unserer Überzeugung besteht eines der höchsten Ziele der Berufung der Propheten Gottes darin, die Menschen zu lehren, wie sie die individuellen und gesellschaftlichen moralischen Tugenden praktizieren sollen.
Für uns ist die Moral kein nebensächliches Thema und nur Ausschmückung, so dass ein glückliches Leben auch ohne sie vorstellbar sein könnte. Vielmehr gehören die Moral und die Beachtung der Moral zu den elementaren menschlichen Prinzipien, für die Gott die Basis in der dem Menschen verliehenen Natur (Fitra) schuf, wobei er durch Aussendung der großen Propheten diese natürliche Basis des Menschen angehoben hat.
Wir glauben daran, dass es eines der wichtigsten Erfordernisse der Religiosität ist, die Regeln der Moral zu beachten und dass Menschen, die dies mehr als die anderen tun im Vergleich zu ihnen auf höhere Stufen des Menschseins gelangen und hinsichtlich der Nähe zu Gott, dem Allerhöchsten, höhere Grade erreichen werden.
Aus unserer Sicht sind die Anwendung von blinder Gewalt und Extremismus, unter welchem Leitspruch sie auch immer erfolgen, ein eindeutiges Zeichen dafür, dass die Essenz des Menschen und die Seele der himmlischen Lehren nicht richtig verstanden worden sind.
Wir sind davon überzeugt, dass die Milde und Duldsamkeit der großen Gottesfreunde gegenüber den verschiedenen Gruppen von Menschen und die Weitergabe der göttlichen Botschaft mit Liebe und Gefühl und aufrichtigem, praktiziertem Mitgefühl die bedeutendsten Faktoren dafür gewesen sind, dass die Menschen sich der Botschaft Gottes, des Allerhöchsten, und den Botschaftern Gottes zuwandten.
Daher haben laut unserer Überzeugung Gewaltsamkeit und Extremismus in jeglicher Form , selbst wenn sie im Namen der Religion oder unter religiösen Leitsprüchen erfolgen, nichts mit der Rationalität und dem Wesen der religiösen Lehren zu tun und werden nichts anderes zur Folge haben als die Distanzierung und Fernhaltung der Menschen von der Endbotschaft der himmlischen Religionen. Außerdem nehmen Gewaltsamkeit und Extremismus einen unseligen Verlauf und führen nur zur Steigerung der Gewalt und des Extremismus auf der Gegenseite und es liegt auf der Hand, dass in einer solchen Umgebung sich niemals ein Fenster zu Rationalität, Glück, Rechtleitung und Gerechtigkeit öffnen wird.
Den religiösen Quellen kann entnommen werden, dass Frieden und Sicherheit unter den Menschen von elementarem Wert ist. Denn bei jedem Konflikt handeln entweder beide Seiten im Widerspruch zu dem, wozu sie berechtigt sind, oder es ist zumindest die eine Seite ein Unterdrücker und die andere der Unterdrückte.
Wie auch immer: Bei jedem Streit ist ernsthaft Unrecht im Spiel, und sei es nur auf einer Seite. Wo Unrecht die menschliche Atmosphäre beherrscht, gehen zahlreiche Chancen verloren und manchmal werden Schäden hinterlassen, die nicht wieder gut zu machen sind.
Laut unserer Überzeugung finden die Menschen erst in einer friedlichen und ruhigen Atmosphäre geeignete Gelegenheiten zu ihrer Entfaltung und zur Beachtung der Spiritualität und dazu, der Botschaft der Propheten Gottes zuzuhören. Nur in einer solchen Atmosphäre kommt es zum Dialog zwischen den geistigen Kräften und den verschiedenen Standpunkten, wird das Zusammenleben und die Einmütigkeit der Menschen gestärkt und kann die Vernünftigkeit wachsen.
Wir sind der Ansicht, dass Gott, der Höchsterhabene, die Menschen auf eine Weise erschaffen hat, dass sie sowohl alle die gleiche menschliche Essenz gemeinsam haben als auch vielerlei Unterschiede hinsichtlich Ethnie, Sprache, Kultur, Glauben und weiteren Dingen aufweisen. Der Sinn dieser Unterschiede besteht zum einen darin, das Bewusstsein und Wissen der Menschen im gedanklichen und praktischen Austausch miteinander auf ein höheres Niveau anzuheben, und andererseits soll das Zusammenwirken der menschlichen Lebenserfahrungen bei diesem Austausch zu einem rationalen und praktischen Fortschritt des Menschengeschlechts im Diesseits führen.
Wir sind davon überzeugt, dass die einzige machbare Strategie für die Umsetzung dieses göttlichen Willens im menschlichen Lebensraum beim ethischen und sozialen Austausch auf friedlicher sozialer Koexistenz, der Akzeptanz des Vorhandenseins einer großen Vielfalt in der menschlichen Gesellschaft sowie der Hervorhebung der edlen Essenz in der Gott gegebenen Natur des Menschen beruht.
Wir sind der Meinung, dass das Gesetz der einzige Faktor für die Wahrung der Ordnung im Gesellschaftsleben ist und wenigstens für ein Mindestmaß an Rücksichtnahme auf die Rechte der Menschen garantiert. Falls wir das Gesetz als Ergebnis der rationalen Erfahrungen des Menschen oder sozialer Vereinbarungen verstehen, wird es keine Unterschiede hinsichtlich der Notwendigkeit ihrer Existenz bzw. hinsichtlich ihrer Beständigkeit und ihrer Beachtung geben. Denn falls Gesetze das Resultat der rationalen Erfahrungen der Menschen sind, gehen sie auf wissenschaftliche Grundlagen zurück und diese haben aus der Sicht der Religion Gültigkeit und Beweiskraft, bzw. falls Gesetze aus gegenseitigen Vereinbarungen in der menschlichen Gesellschaft resultieren, dann bekräftigt der religiöse Grundsatz, soziale Vereinbarungen und Abkommen einzuhalten, dasselbe.
Daher stellt die Beachtung des Gesetzes gemäß unserer Überzeugung eine unumstößliche Notwendigkeit dar, zumal die Vorstellung von einer Gesellschaft ohne Gesetze ein schreckliches Bild liefert und gegen die Vernünftigkeit und ein menschenwürdiges Leben verstößt.
Aber die Wichtigkeit und Notwendigkeit der Beachtung des Gesetzes sollen nicht bedeuten, dass das Gesetz oder die Gesetzgeber sich auf keinen Fall irren oder einen Fehler begehen, und die Erfahrung zeigt deutlich, dass tatsächlich die Behauptung zutrifft, dass Fehler oder Irrtümer vorkommen. Aber die Annahme, dass einige Gesetze falsch sind, darf niemals zum Rechtfertigungsgrund für Gesetzlosigkeit oder Gesetzesbruch werden, sondern jede Kritik und Stellungnahme zur Gesetzgebung muss auch über legale Wege erfolgen.
Wir meinen, dass das Glück der Welt und im Leben nach dem Diesseits denjenigen gehört, die verständig sind. Es zählt zu den höchsten Eigenschaften von verständigen und klugen Menschen, dass sie anderen richtig zuhören, über das Gesagte nachdenken und das beste von ihm auswählen.
Infolgedessen müssen Menschen, das was sie denken, frei und klar in einer geeigneten Atmosphäre aussprechen können, damit die anderen ihre Rede verstehen und ihr gut zuhören können, und damit beim Austausch die beste aller Ansichten deutlich wird.
Wenn es kein Recht auf freie Meinungsäußerung gibt, so ist dies unserer Überzeugung nach einer der Faktoren, die falsches Verhalten in der Gesellschaft hervorrufen. Ebenso gerät dieses selbstverständliche Menschenrecht in Gefahr und werden die Menschen zu gewaltsamen und falschen Methoden gedrängt, wenn das Recht auf freie Meinungsäußerung von einer bestimmten Gruppe monopolisiert und den anderen verwehrt wird, oder wenn im Namen der freien Meinungsäußerung gegenüber anderen Beleidigungen, Drohungen und Verleumdungen erfolgen.
Sicherheit gehört zu den vorrangigen Grundrechten der Menschen. In einem Menschen, der in seinem Lebensraum ständig Gefahren ausgesetzt ist und nicht gemäß seiner legalen elementaren Rechte ein ruhiges und sicheres Leben führen kann, staut sich Empörung über den Mangel an Sicherheit auf und nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass er sich aggressiv oder sogar kriminell verhält.
Einer der wichtigsten Faktoren für eine friedliche und sichere Umgebung im Leben eines Menschen und die Übertragung dieses Friedens auf andere Teile der menschlichen Gesellschaft besteht nach unserer Meinung darin, dass alle soziale Sicherheit genießen. Zweifelsohne kann die Sicherheit nicht auf benachteiligende Weise für bestimmte Personen offiziell anerkannt und für eine andere Gruppe von Menschen nicht anerkannt werden.
Für die Herstellung von Sicherheit in der Gesellschaft ist es außerdem nach unserer Meinung unumstritten notwendig, dass sich alle Mitglieder der Gesellschaft an die Gesetze halten.
Laut unserer Denkweise gehört es zu den Zielen der Aussendung der Propheten und der Herabsendung der Himmelsbücher, dass die Menschen in ihren Gesellschaften Gerechtigkeit herstellen und ist es verwerflich und inakzeptabel, die Gebote Gottes, des Allerhöchsten, für irgendein Unrecht verantwortlich zu machen.
Aus unserer Sicht ist soziale Gerechtigkeit jenes Vorgehen, durch das alle vorhandenen Bedürfnisse in der menschlichen Gesellschaft allgemein und angemessen gedeckt werden und jeder Inhaber eines Rechtes an sein Recht gelangt. Von daher sind die Zunahme von Armut wegen Mangel an sozialer Gerechtigkeit, die Ausnutzung anderer Menschen, Benachteiligung in jeglicher Form, die Anwendung von Gewalt und Ausübung von Macht zwecks Entzug der legalen und selbstverständlichen Rechte einer Gruppe von Menschen mit dem Ziel der Wahrung der Vormacht einer anderen Gruppe, die Gefährdung und/oder Verletzung der Rechte, die unter Ausschluss der Unterschiede zwischen den Menschen für alle gelten, die Anwendung von unmenschlicher, gesetzlich verbotener Gewalt, Terror, Mord, die Tötung von Unschuldigen oder ähnliche Dinge, unter welchem Leitspruch und seitens welcher Person oder Gruppe sie auch immer geschehen, alles ungerechte Dinge und Handlungen. Sie verstoßen gegen die Gerechtigkeit und sind zu verwerfen.
Menschen können aus vielerlei Gründen eine Straftat oder ein Verbrechen begehen. Wir sind der Überzeugung, dass der religiöse Glauben im Falle, dass er mit der religiösen Erziehung und Treue seiner Anhänger zu den Lehren der Religion einhergeht, eine große Rolle bei der Abnahme von Verbrechen und Jugendkriminalität spielt. Da der Glaube an Gott, den Allerhöchsten, und eine Lebensführung aufgrund der religiösen Erziehung dem Leben des Menschen einen höheren Sinn verleiht und ihn dabei stärkt, seine psychischen Erregungen zu zügeln, wird er – in Vertrauen auf den Beistand Gottes und unter Beachtung der religiösen Lehre – mit einer größeren Kraft gegenüber Härten und Unglück ausgestattet sein. Ein solcher Mensch verspürt eine große Verantwortung hinsichtlich Beachtung der Rechte der anderen und daher hütet er sich gewissenhaft davor, diese zu verletzen und anderen etwas anzutun.
Von folgendem Punkt sind wir überzeugt: Das Ausmaß des direkten Einflusses auf den Rückgang von Kriminalität und jugendlicher Straftätigkeit hängt davon ab wie intensiv und verbreitet der Glaube und die religiöse Erziehung in einer Gesellschaft sind. Dazu muss außerdem erwähnt werden, dass diese Wirkung nur dann im wahren Sinne spürbar werden wird, wenn der Glaube und die religiöse Erziehung des Gläubigen über das Niveau von Nachahmung und Wiederholung ohne Wissen und bewusste Entscheidung hinausgehen und verinnerlicht worden sind. Denn anderenfalls kann es sein, dass jemand unter den Einfluss von heftigen Gefühlsregungen und verschiedenen anderen Faktoren gerät, seinen Glauben und die Lehre der Religion vergisst oder ihr gegenüber gleichgültig wird und ein kriminelle Handlung begeht.
Wir sind der Überzeugung, dass Bildung und Lehre zu den wichtigsten Zielen der Propheten Gottes gezählt haben. Aus dieser Sicht hängt nicht nur das materielle Weiterkommen der Menschen von der Bildung in der Gesellschaft ab, sondern ist in einer gebildeten Gesellschaft auch die Chance für das immaterielle Weiterkommen und transparentes und tiefgehendes Verstehen der rettenden Botschaften der Propheten Gottes größer.
Laut unserer Überzeugung ist es für die Gläubigen nicht nur notwendig, mit den Lehren der Propheten Gottes und den Himmelsbüchern vertraut zu werden und sich Wissen über sie anzueignen, sondern es ist auch ein rationales, menschliches und religiöses Erfordernis, jedes Wissen, welches zur Herstellung des materiellen Wohls der Menschheit und der Deckung der Bedürfnisse im diesseitigen Leben der Menschen beiträgt, zu lehren und zu erlernen. So kommt es auch, dass der Islam denjenigen, die Wissen erworben haben, empfiehlt, es auch die anderen zu lehren und auf diese Weise ihrer Pflicht für die Verbreitung von Kenntnis und Wissen und Bildung nachzukommen.
In der Welt, in der wir leben, haben die Menschen aufgrund der Vielfalt der Faktoren, die ihr Leben gestalten, voneinander verschiedene Kulturen, welche in ihren Bestandteilen Gemeinsamkeiten aber zugleich auch zahlreiche Unterschiede aufweisen. Die Kulturunterschiede führen einerseits zu unterschiedlichen Lebens- und Denkweisen und andererseits liefern sie beachtenswerte Grundlagen für die Anreicherung von Wissen und die Verbesserung des menschlichen Lebens.
Kulturen werden zu einer gegenseitigen Bedrohung füreinander und zu sinnlosen und destruktiven Streitigkeiten unter den Menschen führen, wenn sie von einer Art Überlegenheitsgefühl begleitet werden und versuchen, sich den anderen Kulturen aufzuzwingen.
Wir denken, dass die Existenz von Kulturunterschieden nicht bedeutet, dass eine bestimmte Kultur über die anderen zu stehen käme. Vielmehr können sich unserer Meinung nach alle menschlichen Kulturen – mittels Weitherzigkeit, Dialog und Bemühung um Stärkung der gemeinsamen Punkte und eines transparenteren, besseren Verständnisses von den Unterschieden des jeweils anderen – statt eines Zusammenpralls der Kulturen einem kulturellen Austausch und kultureller Zusammenarbeit zuwenden und unter Nutzung der Stärken des jeweils anderen zu einer kulturellen Weiterentwicklung und zur Verbesserung des menschlichen Lebens beitragen.
Gemäß unserer Überzeugung sind das Arbeiten zur Deckung des Lebensunterhaltes oder Verbesserung der finanziellen Lage der Familie oder die Erzeugung von Vermögen, in der Absicht den Bedürftigen zu helfen, die Betätigung als Unternehmer zur Verbesserung der Wirtschaftslage der Gesellschaft und Tätigkeiten zu allgemeinnützigen Zwecken und ähnliches nicht als rein wirtschaftliche Aktivitäten zur Erzeugung von Vermögen oder Vermögensgewinn zu betrachten. Vielmehr zählen solche Anstrengungen, vorausgesetzt dass die Gesetzgebung und das Religionsgesetz die Art und die Methoden der genannten wirtschaftlichen Tätigkeiten erlaubt, zu den höchsten Formen des Gott-Dienens.
Gemäß unserer Überzeugung sind auch die Arbeiten, die andere für uns durchführen, von besonderem Wert und müssen durch Zahlung eines angemessenen finanziellen Ausgleichs oder auf andere Weise gewürdigt werden.
Es gibt auch Tätigkeiten, die der Mensch durchführt um die Zufriedenheit Gottes des Allerhöchsten zu gewinnen, oder Arbeiten, die er als menschenfreundliches Werk und ohne eine materielle oder nicht-materielle Belohnung zu erwarten, für die anderen vornimmt. Solche Tätigkeiten lassen sich finanziell niemals angemessen begleichen, denn bei der Absicht und dem Wille desjenigen, der sie vollbringt, handelt es sich ja um Nicht-Materielles oder etwas Religiöses und deshalb lässt sich auch der Wert dieser Tätigkeit mit keinerlei materiellem Maßstab messen.
Trotz alledem darf der Mensch nicht seine gesamte Zeit für wirtschaftliche Aktivitäten verwenden, denn genauso wie sein Leben in der diesseitigen Welt wirtschaftliche Tätigkeiten erfordert, haben sein Geist und seine Seele spirituelle, nicht-materielle Bedürfnisse, und diese nicht zu beachten, kann Schäden verursachen.
Wir sind davon überzeugt, dass Gott der Höchsterhabene, den Menschen mit der besonderen Eigenschaft der Kreativität und der Fähigkeit, etwas hervorzubringen, ausgestattet hat und ihm Verstand, Wissen und die Gabe verlieh, die Beziehungen zwischen den Bestandteile der materielle Welt aufzudecken, und wir denken, dass der Mensch dank seiner kontinuierlichen Bemühungen und wertvollen Erfahrungen allmählich den Gipfel der Welt des Daseins erreichen und eine moderne Industrie hervorbringen konnte, deren Produkte der Verbesserung des menschlichen Lebensniveaus dienen.
Gemäß unserer Denkweise steht das Erscheinen der verschiedenen Industriearten und vorhandenen Technologien an sich in keinem Widerspruch mit den religiösen Lehren, und stellt sich die Religion gegen keine Industrie oder Technologie, sondern sieht in der industriellen und technischen Entwicklung des Menschen das Ergebnis der Gaben, mit denen Gott die Menschheit versehen hat. Genauso betrachtet sie die Lehre und Tätigkeit auf allen wissenschaftlichen, industriellen und technologischen Gebieten, derer die menschliche Gesellschaft bedarf, als ein Gebot der Religion und menschliche Notwendigkeit.
Die religiöse Lehre stellt sich lediglich dann gegen die Entwicklung von Techniken oder Industriezweigen oder Technologien, wenn sie deren Ergebnis bzw. Erzeugnis als etwas Amoralisches, Inhumanes oder Zerstörerisches oder Schädliches für das Reich der Natur und das Leben der Menschheit identifiziert.
Gemäß unserer Denkweise bildet der Geist des Menschen die Achse, den Kern und die Grundlage für alle seine Tugenden. In diesem Geist wird der Herr, der die Menschen erschaffen hat, deutlich. Es ist dieser Geist, der die eigentliche Wahrheit des Menschen darstellt und maßgebend dafür ist, dass der Mensch höhere Stufen erreicht. Der menschliche Geist ist geschlechtsfrei und ist nur „Mensch“, während das Geschlecht lediglich das Ergebnis der physischen Gegenwart des Menschen auf der Erde und ein Erfordernis der Natur in der materiellen Welt darstellt.
Wir vertreten die Meinung, dass es ein falscher Aberglaube ist, dass die Männer bessere Menschen als die Frauen, oder die Frauen bessere Menschen als die Männer seien, und sind der Überzeugung, dass Menschen als erstes als Menschen zu beachten sind und ihr Geschlecht zweitrangig ist.
Gemäß unserer Überzeugung besitzen Mann und Frau als Menschen den gleichen Wert und haben die gleichen menschlichen Rechte, und wir vertreten die Ansicht, dass weder die menschlichen Rechte einer Frau noch die eines Mannes, unter dem Vorwand dass sie niedriger einzustufen seien, übergangen oder verletzt werden dürfen.
Im Rahmen unserer Denkweise gilt die Familie als heiligste und wichtigste Stütze jeder Gesellschaft und stehen Sicherheit, Gesundheit und Erfolg einer menschlichen Gesellschaft in einem engen Zusammenhang mit dem Frieden und der Gesundheit der Familie.
In einer gesunden Familie kommt jedes ihrer Mitglieder seiner Aufgabe in ihr nach und vernachlässigt wegen seiner sozialen Aktivitäten nicht seine Verantwortung gegenüber der Familie als Ganzes oder gegenüber ihren einzelnen Mitgliedern. Eine heile Familie zeichnet sich auch durch angemessene tiefe Gefühlsbeziehungen, gegenseitiges Vertrauen und gegenseitigen Respekt aus.
In einer intakten Familie nehmen die betagten Menschen einen wichtigen Platz ein und alle in der Familie bringen ihnen Respekt und Liebe entgegen. Ebenso erfahren die Kinder ständig Liebe und Herzenswärme seitens der anderen Familienmitglieder.
Laut unserer Überzeugung sind die Mitglieder einer Familie immer bereit einander zu helfen und lassen die anderen Mitglieder niemals in einer Krise schutzlos alleine. Zudem zählen auch die Treue zur Familie und die Pflege ihrer emotionalen, psychischen und kulturellen Unversehrtheit ebenso wie die Mitbeteiligung aller ihrer Mitglieder an der Regelung der finanziellen Angelegenheiten und am Familienleben zu den moralischen , menschlichen und religiösen Pflichten eines jeden Familienmitglieds.
Wir entnehmen den islamischen Quellen, dass Vater und Mutter einen hohen Platz einnehmen und hoch geachtet werden, so dass eine Missachtung dieses Gebotes irreparable gesellschaftliche, moralische und immaterielle Schäden nach sich zieht. Die Eltern sind die Wurzeln ihrer Kinder und die Kinder haben ihnen ihr Leben zu verdanken.
Gemäß unserem Glauben ist die Zufriedenstellung von Vater und Mutter nach der Zufriedenstellung Gottes, des Allerhöchsten, einer der größten gottesdienstlichen Handlungen.
Man darf nicht mit den Eltern in einem groben oder aggressiven Ton sprechen oder beleidigende Worte gegen sie verwenden oder sie abweisen, erst recht nicht wenn sie alt geworden sind und die materielle und immaterielle Unterstützung ihrer Kinder brauchen. Dann muss man ihnen mit noch größerer Aufmerksamkeit und Liebe zur Seite stehen und sie – so weit es möglich ist – in der Familie behalten und pflegen. Für die Eltern zu beten ist Gott-Dienen und eine Pflicht der Kinder.
Falls die Eltern eine Bitte an ihre Kinder richten, deren Erfüllung möglich, vernünftig und religionsrechtlich erlaubt ist, müssen die Kinder diesem Wunsch nachkommen und wenn sie etwas von ihnen verlangen, dessen Erfüllung nicht möglich, oder nicht vernünftig bzw. religionsrechtlich nicht zulässig ist, müssen sie ihnen mit höflichen Worten den Grund erklären und sich der Erfüllung des Wunsches enthalten.
Gemäß unserem Glauben genießen die Kinder beachtenswerte Rechte und wird auch das jenseitige Wohl der Eltern von der Beachtung bzw. Nichtbeachtung dieser Rechte beeinflusst. Bereits vor der Geburt der Kinder ist auf ihre Rechte zu achten. Diese Rechte entstehen in der Embryonalzeit und halten bis zum Erreichen der Erwachsenenreife und der vollständigen geistigen und körperlichen Entwicklung an.
Gemäß unserer Denkweise muss jeder bei der Wahl seines Ehepartners und der Heirat auch auf die Eignung dieser Person für die Erziehung und Lehre der Kinder und die Eignung für die Übernahme der Rolle eines Vaters bzw. einer Mutter achten.
Es ist ein Recht der Kinder, einen geeigneten Namen für sie auszusuchen und ebenso ist es ihr Recht, körperliche und seelische Sicherheit zu genießen und in liebevoller Obhut ihrer Eltern aufzuwachsen. Zu den Rechten der Kinder, die einzuhalten sind, gehören außerdem das Recht auf Bildung und die richtige Erziehung und das Recht darauf, dass ihnen die nötigen Dinge für ihr Wachstum zur Verfügung stehen, wie Nahrung, Kleidung und Unterkunft ebenso wie Möglichkeiten für die Freizeitgestaltung.
Gewaltanwendung gegenüber Kindern, körperliche oder seelische Bestrafung und jegliches Verhalten, welches die Persönlichkeitsentwicklung eines Kindes behindert oder ihr schadet, sind zweifelsohne klare Beispiele für Unrecht und ein Verstoß gegen die menschlichen und Gott gegebenen Rechte von Kindern.
Aufgrund des Lebens in Gemeinschaft haben die Menschen in bestimmten Gebieten zusammen Dörfer und Städte gegründet und durch dieses Zusammenleben entstand auch das Phänomen der Nachbarschaft. Die Nachbarn teilen als diejenigen Mitglieder der Gesellschaft, die in nächster Nähe zu jemandem wohnen, gemeinsame Interessen und Rechte mit ihm, von denen einige heute vom Gesetz definiert werden. Aber schon bevor es die heutigen modernen Gesetze gab, haben Nachbarn in der islamischen Kultur einen wichtigen und wertvollen Platz eingenommen.
Gemäß unserer Überzeugung muss der Mensch nicht nur die gesetzlichen Rechte der Nachbarn beachten, sondern ihnen gegenüber Freundlichkeit und Güte und Aufmerksamkeit zeigen und sich ihnen gegenüber in Nachsicht und Geduld üben. Der Mensch soll eventuelle Fehler eines Nachbarn verzeihen und — so weit wie möglich – gegenüber unliebsamem Verhalten, dem sie bei ihm begegnen, Ausdauer und Selbstbeherrschung zeigen.
Gemäß unserer Denkweise muss der Mensch, wenn der Nachbar etwas braucht, den ersten Schritt tun, um ihm zu helfen. Er darf nicht grundlos die Ruhe der Nachbarn stören und es darf von ihm kein Schaden für seine Nachbarn ausgehen. Zu den Rechten der Nachbarn. die aus ethischer und religiöser Sicht zu beachten sind, gehört es, dass man eine freundliche, herzliche und aufrichtige Beziehung zu ihnen unterhält, für sie betet und immer bereit ist ihnen zu helfen.
Der Mensch muss auch ein vertrauenswürdiger und zuverlässiger Hüter des Besitzes und des Ansehens seines Nachbars sein. Er muss sich unangemessener Einmischung und Eindringen in die persönliche Atmosphäre der Nachbarn enthalten. Er soll in guten Zeiten an ihrer Seite sein und ihnen in harten Zeiten und bei Schwierigkeiten und Krankheit helfen.
Die Erde, auf der wir leben, hat Milliarden von Menschen aufgenommen. Das Leben der vielen Menschen in den verschiedenen Gebieten dieser Erdkugel verläuft aber nicht immer auf die gleiche Weise, und es ist nicht so, dass die Menschen an den verschiedenen Orten einander nicht bräuchten.
Manchmal führen die Lebensumstände von Menschen dazu, dass sie ihre Heimat verlassen und in ein anderes Land auswandern. Dies tun sie in unterschiedlicher Absicht, zum Beispiel um an Sicherheit und Ruhe zu gelangen, um zu studieren oder um zu arbeiten. Manchmal wird eine solche Auswanderung auch für den Erhalt des Lebens oder auch darum notwendig, um das Niveau des materiellen und immateriellen Lebens zu verbessern.
Die Auswanderung stellt manchmal sogar der einzige Ausweg dar, auch wenn sie mit vielen Problemen und Härten verbunden ist.
Wir sind der Überzeugung, dass Einwanderer unter sorgfältiger und respektvoller Beachtung der Gesetzen der neuen Gesellschaft, in der sie sich einfinden, handeln müssen, und zugleich die Gesellschaft, welche die Einwanderer aufnimmt, diese bei der Aufnahme in der neuen Gesellschaft mitfühlend und tolerant und unter Beachtung ihrer Rechte unterstützen sollte.
Der Erschaffer der Erde hat den Menschen in einer Zeit auf ihr ansässig werden lassen, als die Umwelt dieses blauen Planeten angefüllt war mit den Ressourcen, die der Mensch braucht, um in den Genuss der Gaben des Lebens zu gelangen. Gemäß unserem Verständnis von den islamischen Quellen, hat Gott, der Höchsterhabene, dem Menschen aber nicht nur die Gaben der Erde zur Verfügung gestellt, sondern auch die Aufgabe an ihn übertragen, die Erde zu kultivieren.
Gemäß unserer Überzeugung gehört die natürliche Umwelt der Erde, die aus begrenzten Ressourcen besteht, nicht den Menschen einer bestimmte Ära, sondern ist ein kostbares anvertrautes Gut, welches als Erbe von einer Menschengeneration auf die nächste übergeht.
Die Kultivierung der Umwelt wirkt sich einerseits auf wundersame Weise auf das materielle und seelisch-geistige Leben der Menschen aus, und dies ist nicht zu leugnen. Auf der anderen Seite gerät , wenn der natürlichen Umwelt ein Schaden zugefügt wird, nicht nur das Leben einer Generation von Menschen sondern das Leben aller kommenden Menschengenerationen und aller Lebewesen auf der Erdkugel ernsthaft in Gefahr, und diese Gefahr lässt sich teilweise nicht mehr rückgängig machen.
Wir denken, dass je egoistischer der Mensch mit der Welt, in der er lebt, umgeht und die Umwelt unter dem Vorwand eines bequemeren Lebens der Vernichtung preisgibt, desto mehr hat er, bewusst oder unbewusst, zum Nachteil für sein eigenes und das Leben der kommenden Generationen und der anderen Lebewesen auf der Erde gehandelt und macht sich nicht nur gegenüber den kommenden Generationen sondern auch gegenüber dem Schöpfer dieser Welt schuldig.
Wir sehen heute deutlich, wie die Zerstörungen, zu denen es in der Umwelt gekommen ist, zur Zunahme der verschiedenen körperlichen und seelischen Erkrankungen geführt und ernsthafte Probleme für den Fortbestand des Lebens auf der Erdkugel hervorgerufen haben.
Daher ist gemäß unserer Denkweise der Schutz der Umwelt sowohl menschliche als auch religiöse Pflicht, während die Zerstörung der Umwelt, unter welchem Vorwand auch immer, in Wahrheit einen prinzipienloser Schritt darstellt, der für die Menschheit und die anderen Lebewesen schädlich ist.
Gemäß den internationalen Gesetzen sind die Regierungen mit der Gesamtverwaltung der Summe der natürlichen Ressourcen beauftragt, was jedoch nicht bedeuten soll, dass die Menschen selber keinerlei Verantwortung gegenüber dem Schutz der natürlichen Ressourcen haben oder keinen Beitrag dazu leisten könnten.
Laut unserer Denkweise ist Übertreibung und ein unnützer Verbrauch der natürlichen Ressourcen vernunftmäßig gesehen nicht richtig und gilt aus der Sicht der Religion als Sünde. Nicht nur die falsche Nutzung der Naturressourcen sondern jedes Handeln, welches auf irgendeine Weise die natürlichen Ressourcen der Erde gefährden und schädigen, ist unzulässig. Unterdessen gilt der Schutz der natürlichen Ressourcen und die Bemühung darum, dass diese Ressourcen vor Verschmutzung rein bleiben oder vor der Vernichtung bewahrt werden, nicht nur als ein humanes und moralisches sondern auch als ein gottesdienstliches Handeln.
Wie wir den religiösen Quellen entnehmen, gelten Dinge wie Verschmutzung von fließenden und unterirdischen Gewässern, die Schädigung der Wälder und der natürlichen Vegetation der Erde, die Zerstörung von natürlichen Hürden gegenüber der zunehmenden Wüstenbildung, die Luftverschmutzung und die unnötige Erzeugung von Abfall sowie das Hinterlassen von Abfällen in der Natur und ähnliches alle als nicht richtig und unerlaubt.
Genauso wie die Menschen in den Genuss von zahlreichen, ihrem Leben angepassten Rechten kommen, haben gemäß unserer Überzeugung auch Tiere und Pflanzen Rechte, die ihrem Leben angepasst sind. Die Berücksichtigung dieser Rechte ist gemäß den religiösen Lehren nicht nur ein Recht dieser Lebewesen, sondern auch ein Recht Gottes und der Mensch ist dafür verantwortlich, dass er diese Rechte beachtet. Wenn jemand die Fürsorge für ein Tier übernimmt, muss er wissen, dass das Recht auf Nahrung, Unterbringung und medizinische Behandlung die wichtigsten grundsätzlichsten Rechte von Tieren sind.
Da Tiere eine Art Wahrnehmungsfähigkeit und Gefühle besitzen, handelt es sich beim Quälen von Tieren, z.B. durch Brandmarkung, Abschneiden von Körperteilen eines Tieres, der unbegründeten Trennung zwischen dem Tier und seinem Jungen, einer Nutzung von Tieren über ihre Kräfte hinaus und/ oder in dem Fall, dass man ein Tier , welches zur Ernährung der Menschen geschlachtet werden soll, während der Schlachtung leiden lässt, alles um Beispiele für Unrecht gegenüber Tieren und um Verwerfliches.
Gemäß unserer Denkweise sind die Tiere liebevoll zu behandeln und wenn ein Tier, welches dem Menschen kein Leid zufügt, bei ihm Zuflucht sucht, ist ihm Schutz zu gewähren. Auch gilt es als Verstoß gegen die Tierliebe, sie unfruchtbar zu machen oder sie zur Unterhaltung der Menschen gegeneinander aufzuhetzen, ebenso wie nicht-physisches Quälen als Verstoß gegen die Tierliebe gilt, z.B. wenn jemand ein Tier grundlos anschreit, oder es verflucht oder es narrt.
Die Beachtung der Rechte der Tiere gilt gemäß den Lehren der Religion als ein Gott-Dienen und wird von Gott belohnt, während das Unrecht, das einem Tier angetan wird, als Sünde zählt und jenseitige Strafe zur Folge haben wird.
Gemäß unserer Überzeugung besitzen auch Pflanzen Rechte, die beachtet werden müssen. Ganz allgemein gehört die Pflege und der Schutz von Pflanzen und das Vermeiden jeglichen Verhaltens, welches ihnen schadet, zu den Aufgaben jedes Menschen.
Gemäß unserer Denkweise gelten das Einpflanzen von Bäumen, insbesondere von Obstbäumen, die Bewässerung von Pflanzen und die Bemühung um ihr Wohl als gottesdienstliche Handlung. Die religiöse Lehre bezeichnet sie als ein Gott-Dienen, das für denjenigen, der diese Dinge vornimmt, eine positive Wirkung und Belohnung mit sich bringt, die nicht abbricht, solange wie die Pflanze existiert, wächst, Früchte abwirft und der Mensch oder ein Tier diese Früchte oder dem Schatten des Baumes nutzt.
Laut der islamischen Lehren kommt das Zerbrechen einen frischen Zweiges von Pflanzen dem Zerbrechen der Flügel der Engel gleich und ist es verboten, Bäume, von deren Früchten sich Menschen oder Tiere ernähren, verdorren zu lassen oder abzuschlagen. Genauso sind aus unserer Sicht das hemmungslose Abholzen und die Vernichtung der Pflanzendecke der Erde verwerflich.